Mit dem Taxi auf die Nordschleife

Taxi bitte!
Taxi bitte!

Grüne Wiesen, ein Hauch duftender Natur, das leise Singen der Vögel – all das habe ich beim Joggen. Auch wenn wir heute von der grünen Hölle sprechen, liegt die Betonung eher auf dem letzteren Wort. Mit sage und schreibe 507 PS (für die unter 30-jährigen: 373 kW) ging es vor Kurzem über den Nürburgring. Thomas und Olli hatten nichts Besseres zu tun, als mich bei diesem Ritt mitzunehmen, vielen Dank nochmal! Es lässt sich kaum in Worte als vielmehr in Sitze drücken, was da mit unseren bislang ungeschundenen Körpern passiert ist. Über 500 PS drücken dann doch recht angenehm in den Sitz und man ist sofort geneigt, bei der nächsten Gelegenheit einen Tomatensaft bei der Stewardess zu bestellen. Glaubt man, dass man mit einem BMW M5 nicht abheben kann, wird man bei der nächsten Geraden mit Hubbel eines besseren belehrt. Wohl dem, der sich vorher nur mit einem Kaffee begnügt hat, das Brötchen hätte er nochmals essen können.

Nein, nicht dass nun der Eindruck entsteht, dass der BMW unkomfortable sei, im Gegenteil. Als alter Sciroccofahrer mit eigenem Königsrocco weiß ich natürlich um 60 mm oder zu meiner ausklingenden Jugendzeit auch um 80 mm “tiefer”. Das hier ist anders. Es sitzt sich eigentlich schon zu bequem. Wer über die Nordschleife jagt und 911er (echt jetzt) auf den Parkstreifen verweist, der erwartet nicht, bequem wie ein Sesselpubser zu sitzen. Das muss rütteln, rattern und quietschen. Naja, letzteres hat Jürgen, unser Kommandant am Schiff, aber nicht zu wenig gemacht. Nein, nicht er quietschte :). Es waren die Reifen, die unentwegt den Halt auf dem Asphalt suchten. Das wusste aber Jürgen gut zu verhindern und brachte uns bei 200 km/h so in die erste Kurve, dass ich bequem gerade aus dem Seitenfenster schauen konnte, wie die Streckenführung weiterging. Ehrlich gesagt, hatte ich bei der ersten Kurve noch gedacht, dass er da das Ruder zu weit rumgerissen hat und wir gleich in der Böschung landen.

In der nächsten Zehntelsekunde kurbelte er teilnahmslos den Lenker so wie beim Einparken voll in die gewünshcte Richtung, also so wie ich beim Einparken, nur eben mit 200 km/h in der Kurve und mit mindestens zwei quetschenden Reifen. Er überlegte sich sicherlich gerade, was es denn abends für ein Essen geben würde. Nun gut, an Essen habe ich jetzt gerade nicht gedacht. Mit stoischer Ruhe kurbelte er, was da Zeug hielt. Also ganz ehrlich: Er hätte ruhig nervöser sein können. So mancher Taxifahrer steht mit mehr Adrenalin an der Ampel als unser Jürgen im querstehenden M5 auf der Nordschleife.  Bei 200 wohlgemerkt. Überhaupt ist das “sliden”, also das Übersteuern in der Kurve ja was für Ohren und auch ein Erlebnis, aber wie beim Kartfahren auch, macht man damit nicht gerade mehr Geschwindigkeit. Egal, wir hatten es ja nur eilig, weil wir in die Kurven fliegen wollten, die Fahrt musste ja nicht so schnell enden :). In den nächsten Kurven war mir schon klar, dass alles sein würde, wie es sein sollte: Jürgen kurbelte mit einer Hektik, als würde er gleich einschlafen und wir saßen quietschend, also analog den Reifen, dabei und machten damit seine nicht vorhandene Aufregung wieder wett.

Bei 21,7 Litern Verbrauch ist auch der Tank vom M5 mal leer und wir drehten noch eine Extrarunde: Zur Tankstelle. Erst wollte ich aufschreien, als Jürgen die Nordschleife verließ und auf die “echte” Strae fuhr. Ja, darf der dass denn? Ja, er darf. Ist ja nur ein Auto. Sogar angemeldet. Also fuhren wir tanken und selbst das war beeindruckend: Mit 50 km/h über die Straßen cruisen, das entlockte mir ein staunendes “Das geht ja auch!”. Und in der Tat war auch der Ausflug zur Tankstelle schön.

Insgesamt ein atemberaubendes Erlebnis und ich bin sehr froh, dass ich das mal mitmachen durfte. Selbst möchte ich garnicht mehr über die Nordschleife fahren, zu viele Leute habe ich während der Runde in den Planken gesehen, zu wenig Spaß dürfte eine solche Fahrt mit viel weniger Leistung machen. Das überlasse ich dann doch lieber den Experten. Jeder hat eben so seine eigenen Skills und ich würde mir nicht anmaßen, gegen Jürgen antreten zu können.

Gruß

Rolf

P.S: Aber nichts dem Königsrocco sagen, der könnte dann beleidigt sein.