Las Vegas, Grand Canyon, Monument Valley, Antelope Canyon, Bryce Canyon und Alaska

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Nachdem ich mit meinem Schwager Peter seine Mooney über den Atlantik geflogen habe (Fliegermagazin #3/2015), wollen wir auch mal zusammen mit unseren Frauen ein Fliegerabenteuer erleben. Wir entscheiden uns recht schnell für Las Vegas als Ausgangsbasis. Die Gegend um den Grand Canyon ist per Flugzeug gerade mal in ein bis zwei Stunden erreichbar, so dass wir uns einen Flieger mieten wollen, um Grand Canyon (KGCN), Monument Valley (UT25), Page (KPGA) und den Bryce Canyon anzufliegen. Hierzu planen wir rund sechs Flugstunden in zwei Tagen ein, also wird es auch für die Frauen recht gemütlich.
Da ich bei der Atlantiküberquerung leider noch keine digitale Spiegelreflexkamera hatte, möchte ich diesmal besser gewappnet sein und kaufe mir eine. Als Modell wähle ich die Canon EOS 700D, lasse mir aber sagen, dass es heute ohnehin fast keine schlechte Kamera mehr gibt, ich kann also nicht falsch liegen. Ich erhoffe mir als fotografischer Laie viel vom Automatikmodus der Kamera, auch wenn ich dann möglicherweise nicht die beste fotografische Leistung heraushole. Da Peter ohnehin in den USA fliegt und ich auch schon dort geflogen bin, ist die Hürde mit den Lufträumen oder dem Sprechfunk nicht so groß. Die Flugvorbereitung wird dennoch gewissenhaft durchgeführt, umso entspannter wird der Flug dann selbst. Vom Grand Canyon gibt es eine spezielle Karte, die auch VFR-Korridore enthält. So wissen wir, wo wir fliegen dürfen. Als Flugtage haben wir uns bewusst gegen das Wochenende und für einen deutlich weniger frequentierten Montag und Dienstag entschieden. Es wird sich zeigen, dass das goldrichtig war.

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In Las Vegas kann man nicht nur am Spielautomaten sein Geld verlieren, auch beim Frühstück sind zu viert schnell 100 US-Dollar fällig. Drei Mahlzeiten am Tag machen sich da schnell in der Kasse bemerkbar. Der schwache Euro tut dann sein Übriges, um die Umrechnung (knapp eins zu eins) leicht zu machen. Immerhin bekommen wir hier für etwas über 200€ pro Stunde (nass) ein etwas größeres Flugzeug wie eine Cessna 182 oder Piper PA32.
Ein Glück lese ich kurz vor unserem Aufbruch nach Las Vegas noch, dass von einer unserer geplanten Locations (Page, Antelope Canyon) gerade ein Foto für rund 5 Mio. US-Dollar verkauft wurde. Nicht ganz ernstgemeint rechne ich kurz nach: Auf meine SD-Karte passen über 1000 Fotos, die Reise finanziert sich also von selbst.
Der Start unseres Urlaubs passt wunderbar in den bislang größten Streik der Bahngeschichte. Da ich aus Ingolstadt erst nach Köln und wir am nächsten Morgen von dort aus nach Frankfurt müssen, entscheiden wir uns für einen Mietwagen und stornieren die Bahntickets – sicher ist sicher. Wir erfahren, die Mietwagenschlüssel in der Hand, dass unsere Züge tatsächlich ausfallen. Das nennt man wohl Glück im Unglück. Noch mehr Glück haben wir, denn selbst die Straßen sind verhältnismäßig frei. Aber die wollen wir ja ohnehin schnellstmöglich verlassen und in die Luft gehen. Der Flug in die USA als Passagiere verläuft ereignislos, ebenso das Einchecken im Hotel. Ohnehin möchte ich jetzt nur noch zur gebuchten Cessna 182.

Henderson – Zur Kontrolle bitte

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Schon die Kosten für das Taxi nach Henderson zeigen uns, dass KHND doch einige Kilometer auswärts nach Süden von Las Vegas liegen. Knappe 50 US-Dollar berappen wir, um uns überhaupt für das Fliegen qualifizieren zu dürfen. Ein obligatorischer Checkride dürfte kein Problem werden Voller Vorfreude und mit einem breiten Grinsen im Gesicht betreten wir die heiligen Hallen des Vercharterers. Das Gesicht der netten Dame am Schalter erstarrt zu Stein. Das ist nicht gerade die Reaktion mit der ich gerechnet hatte. Sie rückt gleich mit der Wahrheit heraus: Wir haben es trotz mehrfacher Zusicherungen in endlosen E-Mails eben doch nicht in die Reservierungsliste geschafft – man hat uns schlicht vergessen. Natürlich ist die angepeilte Cessna 182, für die ich extra in Hangelar noch eine 182 probegeflogen bin, bereits anderweitig verplant. Jennifer möchte uns eine PA28 schönreden. An sich kein schlechter Flieger, aber mit vier Personen, Gepäck und einer ordentlichen Dichtehöhe brauchen wir keinen Taschenrechner auszupacken, um dankbar abzulehnen. Sie schafft es dann mit vielen Telefonaten, uns eine Cherokee Six, also eine PA32, den größeren sechssitzigen Bruder der PA28 freizumachen. Glück gehabt.

Der Checkflug ist das Übliche: Zeigt, dass ihr die Maschine im Griff habt und ihr könnt sie mieten. Völlig ok, würde ich auch so machen. Also fliegen wir Stalls, Steilkurven, testen dabei den Autopiloten und das Flugverhalten an sich. Schließlich müssen auch wir Vertrauen in die Maschine gewinnen. Heute ist es ziemlich windig, wir nehmen es als gute Gelegenheit, den Flieger gleich richtig kennenzulernen. Peter legt einige absolute Sahnelandungen hin (Breezer), er hat eh deutlich mehr Stunden als ich. Respekt. Das war es auch schon, der Flieger gehört uns. Die Cherokee Six fliegt sich recht ähnlich der PA28, ist dabei aber nochmal etwas schwerer. Kein sportliches Flugzeug wie die wendige Mooney von Peter, mehr der Lastesel für bequemes Fliegen zu viert über dem Grand Canyon, also genau das, was wir gesucht haben. Zwei Sitze können dabei frei bleiben, Platz in Mengen, das ist toll!

Zwei Tage später, dem besagten Montag früh, geht es wieder per Taxi nach Henderson. Diesmal mit Frauen und Gepäck für zwei Tage und der Gewissheit, dass der Flieger tatsächlich reserviert ist. Die Vorfreude ist endlos. Mir stellt sich die Frage, wie viele Menschen wohl das Privileg genießen können, selbst über den Grand Canyon zu fliegen. Ich wünschte, es wären weit mehr als ich glaube.
Gewissenhaft checke ich den Flieger. Öl haben wir gleich mitgenommen, AVGAS kommt gerade im LKW auf uns zu, das Wetter zeigt sich heute von der allerschönsten Seite, inkl. vereinzelter Cumuli. Alles passt, die letzte Hürde ist genommen. Die Frauen machen es sich auf den beiden hinteren der sechs Sitze sprichwörtlich bequem: Der Beinabstand zur mittleren (leeren) Reihe ist sehr groß. Als “Gegengewicht” füllen wir auch den Laderaum vorn am Motor unter der Beteuerung, dass das natürlich nicht wegen dem Gewicht der Frauen, sondern nur für eine ausgewogene Weight & Balance ist.

Grand Canyon wir kommen

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Ab in die Luft! Heute ist es weniger windig, besonders über dem Canyon aber dennoch etwas turbulenter. Damit haben wir aber schon gerechnet. Der Ausblick ist atemberaubend. Ich hatte vorher schon viele Bilder gesehen, aber in natura ist das nochmal ganz anders. Das ist mal ein Flug, bei dem ich nicht genau weiß, ob ich lieber fliege oder fotografiere – das kommt sehr selten vor.
Wir landen am Grand Canyon (KGCN), schön inmitten eines waldähnlichen Gebiets und fahren per Taxi zum Rand des Canyons. Das wollen wir uns dann doch mal aus der Nähe ansehen und werden nicht enttäuscht. Der Blick in diegroße weite Schlucht und die Stille dabei lassen den Atem stocken. Ich habe das Gefühl, vor einer Leinwand zu stehen, die nicht real sein kann. Und doch ist sie es.

Monument Valley

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Die Piper macht Spaß, also geht es nach einem kurzen Snack schon weiter nach Monument Valley. Da die Piste gegen einen Berg läuft und auch die Unterlagen eine Landerichtung gegen den Berg vorgeben, nehmen wir den Rückenwind als gute Übung bewusst und letztlich notgedrungen in Kauf. Der private Airstrip UT25 wird vom Hotel Gouldings betrieben. Hier ist vor dem Anflug noch ein Formular auszufüllen und zu faxen, der Platz ist PPR. 100 US-Dollar Landegebühren für “nicht-Gäste” werden erhoben, wahrlich unüblich in den USA. Und doch entscheiden wir uns für die Landung hier, aber die Übernachtung im anderen Hotel “The View”, wo der Name Programm ist. Letztlich hat sich die teurere Variante gelohnt, auch wenn dazu noch zweimal 25 US-Dollar für die Fahrt zum Hotel und weitere 20 für die Einfahrt in das Gebiet Monument Valley kamen. Wir sollten eigentlich von einem Shuttle des Hotels abgeholt werden, aber trotz telefonischer Rücksprache einen Tag vorher hat das nicht geklappt (“wir haben gar keine Shuttles”). Ich gewöhne mich lächelnd daran, dass deutsche Verbindlichkeit hier bislang nicht bekannt ist. Macht nichts, man muss es nur wissen. Als Ausgleich für die Unannehmlichkeiten erhalten wir Coupons für das Frühstück, das sich als ausgesprochen lecker darstellen wird. Der Sternenhimmel in Monument Valley, weitab von Lichtquellen der Großstädte, ist grandios. Wir versuchen mit unseren bescheidenen fotografischen Kenntnissen dieses Bild irgendwie einzufangen. Ich glaube aber, man muss es einfach selbst erleben.
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Der Start auf der Piste von UT25 mit Blick auf Monument Valley, diesmal mit Wind auf der Nase, ist fantastisch. Wie konnte ich damals nur eine Sekunde darüber nachdenken, ob ich eine Pilotenlizenz machen wollte? Eine leichte Linkskurve und wir sind leicht versetzt über dem Colorado River und folgen ihm. IFR wäre hier pure Verschwendung, so ein VFR-Wetter wünsche ich mir öfter in Deutschland. Die Sonne scheint auf den Fluss und wird als glitzerndes Licht wieder reflektiert. So schön können Steine und Wasser sein, wer hätte das gedacht.

Page

 DSC02921Gerade rund 60NM nordwestlich von Monument Valley entfernt ist Page (KPGA), wo wir die millionenschweren Fotos im Antelope Canyon machen wollen. Naja, so in etwa. Auch hier wird, trotz des größeren Platzes, einfach “in die Luft” gefunkt und man verständigt sich untereinander ohne Tower. Das klappt so reibungslos hier in den USA, dass sich mir durchaus einige Fragen stellen. Ein Follow-Me-Auto hört uns offenbar am Funk und steht bereit, uns einen Parkplatz zuzuweisen. Auf dem Weg ins Terminal überlegen wir schon, wir wir alternativ zum Antelope Canyon kommen wollen, doch diesmal werden wir von einem wartenden Abholer überrascht. Klappt ja doch manchmal. Wir freuen uns.
Eine halbstündige Fahrt in einem Pickup, dessen Motor eine ähnlich großvolumige Geräuschkulisse von sich gibt wie unsere Piper, bringt uns zum Antelope Canyon. Von außen kaum zu sehen und unscheinbar, wirkt der enge Durchgang mystisch, gerade zur Mittagszeit, wenn die Sonnenstrahlen von oben wie ein Laserstrahl auf den Sandboden scheinen. Unser Fahrer, der gleichzeitig auch unser Guide und sogar Fotoexperte ist, erklärt uns einige Einstellungen an der Kamera, mit der die Lichtverhältnisse noch besser eingefangen werden können. Wir geben alles…

Überflug Bryce Canyon und Zwischenstopp Colorado City

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Es gibt noch so viel zu entdecken, so dass wir uns wieder auf den Weg zum Flugplatz machen. Der nächste kurze Flug führt uns am Rand des Bryce Canyon vorbei, den man wohl vom Flugzeug aus am Besten sehen kann. Auch dieser Anblick hat wieder etwas eigenes, unverkennbares. Weiter geht es nach Colorado City, auch hier wird wieder ohne explizitem Kontakt zum Tower gelandet. Das geht selbst, wenn der Platz gekreuzte Bahnen hat. Die Übersicht ist auch hier prima und wir suchen uns eine Piste aus und landen einfach nach Meldung am Funk gegen den Wind. Restrooms, Platzwechsel, weiter geht’s. Übrigens ganz ohne Landegebühren. Ein Traum.
Nur noch ein Leg, dann sind wir wieder in Henderson, unserem Ausgangsflughafen. Wir kommen noch zu einem letzten Fotoshooting über dem Hooverdam, dann ist die Reise mit der inzwischen vertrauten Piper schon wieder beendet, natürlich wesentlich früher als uns lieb ist.
Die Formalitäten bei der Rückgabe des Fliegers sind gering. Die meiste Zeit beansprucht das Warten auf ein Taxi, das uns wieder nach Las Vegas bringt. Es fährt uns ein ehemaliger Hubschrauberpilot. Wir kommen schnell ins Gespräch. In Las Vegas angekommen, haben wir noch einige Tage, in denen wir die Reise Revue passieren lassen und Peter und ich nochmal gedanklich bei einem Cocktail am Hotelpool die Flüge genießen, während die Frauen ihr Glück in den Casinos versuchen.

Westküste hoch – auf Null Fuss

Da ich mir nicht sicher bin, ob wir die geschossenen Fotos für die vielen Millionen Dollar verkaufen können und auch die Frauen mit mittlerem Erfolg wieder von den einarmigen Banditen zurück kamen, habe ich eine weitere Idee…
Goldgräberstimmung in Klondike!
Ein Flugzeug bringt uns als Passagiere (schade) nach Seattle, wo wir nicht nur die Space Needle nach Außerirdischen absuchen, beim ersten Starbucks der Welt einen Kaffee schlürfen und an Microsoft denken, die hier irgendwo beheimatet ist. Als Aviator muss man natürlich auch etwas mit Flugzeugen im Programm haben. Da wir schonmal hier bei Boeing waren, geht es diesmal in die andere Richtung ins Museum of Flight.
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Das ist aber nur eine Zwischenstation auf dem Weg über Victoria, Juneau und Ketchikan nach Skagway, Alaska. Wir wählen ein Kreuzfahrtschiff als Transportmittel, da der Weg ohnehin an der Westküste der USA verläuft. Weiter geht es dann von Skagway per historischem Zug an dem Pass entlang, den zur Goldgräberzeit tausende von Menschen zu Fuß entlang gelaufen sind. Im Gegensatz zu Las Vegas mit über 30 Grad Celsius sind wir hier von Schnee umgeben. Von Goldnuggets aber keine Spur. Wir sind wohl über hundert Jahre zu spät hier. Dennoch lasse ich diese immer noch fühlbare Goldgräberstimmung passieren. Wie einfach es diese Goldgräber mit einem Flugzeug gehabt hätten. Stattdessen mussten sie zu Fuß gehen und nutzten, wenn sie Glück hatten, einige Pferde für ihren Proviant und die Ausrüstung.
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Mir wird klar, dass ich wohl auch hier nicht an mein Reisebudget komme – ich werde wohl doch noch weiter arbeiten müssen. Also geht es zurück nach Seattle und dann über Frankfurt wieder nach Hause. Was für ein Hammertrip! Es war wahrlich nicht der günstigste Urlaub in meinem Leben, aber mehr Eindrücke hätte man in den drei Wochen nicht sammeln können…
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