Nachtflug in der Iljuschin Il-18 in Teuge, EHTE, Niederlande

Seit 5 Jahren liegt ein ausgeschnittener Beitrag aus dem Fliegermagazin #12/2012 zu einem größeren Flieger in Teuge, Niederlande (EHTE), in meiner “Was ich noch erleben möchte”-Liste. Der Flieger, genauer gesagt eine Iljuschin Il-18, wurde als Hotel mit “einem Zimmer” eingerichtet, man kann die Maschine also nur komplett buchen. Das macht die richtige Wahl des besten Zimmers schon erheblich leichter. Für in jedweder Art Fluginteressierte ist das sicherlich etwas Besonderes. Einen freien Buchungsslot auf der Website http://www.vliegtuighotel.nl/de/ zu finden, ist garnicht so einfach, also haben wir uns für einen Mittwoch auf Donnerstag entschieden, die Wochenenden sind komplett ausgebucht.

Da das Wetter in diesem Jahr zumindest gefühlt nochmal unberechenbarer ist als sonst, file ich einen IFR-Plan von Bonn-Hangelar, EDKB nach Teuge, EHTE. Es verwirrt etwas, wenn man den Plan IFR nach Teuge aufgeben kann, der Platz aber nach Aussage am Telefon dann doch nur VFR ist. Da ich auch VFR einen Flugplan hätte aufgeben müssen, ist das kein wirklicher Mehraufwand. Einen IFR-Pickup bekomme ich kurz nach dem Abflug und dann ziemlich direkt nach Teuge, auch wenn der Plan nur mit langen Umwegen aufgegeben werden konnte.

Kurz vor Teuge cancele ich IFR und fliege nach dem Einleitungsanruf VFR in die Platzrunde. Die Platzrunde ist recht voll, so dass ich noch keinen Blick auf unser Hotel erhaschen kann. Zudem gibt es Fallschirmsprung, der recht aktiv ist und auch Ballone sehe ich. Hier ist wirklich was los! Den “Tower” finde ich nach dem Abrollen nicht gleich, also frage ich beschämt nach “etwas progressive Taxi” und stehe quasi schon davor: Ein eher kleines Gebäude, das ich als solches nicht als “Tower” ausgemacht hätte. Ich kann direkt davor parken und das ist gerade mal 10m von der Iljuschin entfernt. Passt!

Im Restaurant “The Hangar” essen wir eine Kleinigkeit und gehen dann zu unserem “Flieger für eine Nacht”.

In der Maschine ist der Platz für zwei Personen schon enorm und dazu sehr hochwertig ausgestattet. Doch mich zieht es erstmal ins Cockpit. Anders als z.B. in einem Museum wie in Speyer, kann ich hier so lange ungestört sitzen, wie ich möchte. Ich schnappe mir ein Glas Rotwein und setze mich auf den Pilotensitz. Ich sitze einfach nur da und schaue auf die Instrumente. Als “Cessna-Flieger” erkenne ich zwar das übliche Sixpack wieder, spüre aber auch, dass hier weit mehr Schub zum Einsatz kommt, was sich schon durch die wuchtigen Dimensionen der Hebel und Räder zeigt. So erscheint mir das Trimmrad schon fast so groß wie ein kleines Lenkrad beim Auto. Ehrfürchtig bewege ich es – es wird schon nichts kaputt gehen. Mein Blick schweift auf das Steuerrad. Eigentlich ist es zu dünn, um es richtig in den Händen zu halten. Also wurden große Mengen an Isolierband drumherum geklebt, so dass es weicher und dicker wurde. Ja, macht Sinn, denke ich mir.

 

Ich entdecke das DME, fast in der Größe eines kleinen Koffers und mit sehr robusten Knöpfen zum Eindrehen der Frequenz. Ein Lächeln kann ich mir dabei nicht verkneifen. Ja, die Zeit stand nicht still in den letzten Dekaden.

Das Cockpit der Il-18 hat Platz für Pilot, Copilot, Navigator und Funker, so wie es aussieht. Nach und nach setze ich mich auf alle vier Plätze und versuche nachzuvollziehen, wie es den Menschen in jeder einzelnen Position wohl ergangen ist, als dieser große Flieger noch in IMC und Turbulenzen unterwegs war und Erich Honecker von A nach B brachte.

Insgesamt empfinde ich das “Cockpit-Erlebnis” als weitaus intensiver und sicherlich ungestörter, als man es andernorts in Museen haben kann. Das ist definitiv ein Tipp für alle Piloten, insbesondere wenn man dieses Erlebnis in die Abendstunden legt und die ganzen Kontollleuchten eingeschaltet sind.

Aber auch der ganze Rest des Flugzeugs kann sich sehen lassen: Vom Cockpit bis ganz hinten durch ins Bett könnte man durchaus Rollschuhe gebrauchen. Und “Nicht-Flieger-Kompatibel” ist es auch, mit Whirlpool, Sauna, gemütlichen Ecken, mehreren Fernsehern, DVD, Minibar und einer Terrasse zur Piste, wo man prima die Fallschirmspringer, Heißluftballone und noch viel mehr sehen kann.

Teuge ist ein eher kleiner Ort. Um mal rauszukommen, empfiehlt sich Deventer. Apeldoorn mag zwar größer sein, aber Deventer, eine Hansestadt, ist einfach schön anzusehen und lädt zum shoppen ein. Leckeren “Kaas” und auch einen passenden Wein finden wir recht schnell beim Kaashandel De Brink. In der Wallstreet von Deventer, genauer “Walstraat”, verweilen wir auf einen Tee und Kuchen bei “The Wallstreet Tea-Rose”.

Wir bleiben, wie wohl die meisten Gäste, nur eine Nacht im Flugzeug. Das reicht eigentlich auch schon, um das Meiste zu entdecken. Das Frühstück wird zur gewählten Uhrzeit gebracht. Catering vom Feinsten! Und viel ist es für uns beide, zu viel der leckeren Köstlichkeiten, um uns die Wahl schwer zu machen. Marjan und Hans, die das Flugzeug betreuen, geben sich sichtlich erfolgreich alle Mühe, um uns alles recht zu machen.

Da die nächste Kaltfront langsam aufzieht, beschließen wir, noch am späten Vormittag wieder zurück nach Köln zu fliegen. Damit endet auch schon ein Erlebnis, das ich leider fünf Jahre vor mir hergeschoben habe. Die Eindrücke werden noch lange bleiben…